Holy Shit!

Nicht dass ich eine von diesen Aficionad@s wäre. Ich bin ein bisschen aufmerksam, einfach weil ich Musik liebe und immer wieder interessante und/oder lustige Stücke und Performances auf oftmals junge, noch nicht arrivierte Künstler*innen aufmerksam machen. Und seit Godmother Conchita von inzwischen 11 (!) Jahren ist tatsächlich auch ein ganz klein wenig Nationalstolz dabei.

Nun, nun. Gestern Nachmittag hörte ich reichlich spät ernsthaft in unseren Beitrag zum ESC 2025 in Basel hinein.

Die Kombination „klassische ausgebildete Stimme“ plus „Pop“ ist sonst nicht meine Lieblingskategorie, ich finde die Ergebnisse meist entweder öde oder überproduziert oder beides und hatte deshalb keine hohen Erwartungen. Aber ich mochte die Nummer überraschenderweise sehr, sofort der Impuls, ja, das ist gut, das wird ankommen, die Gesangsparts auf hohem, fast olympischem Niveau, der Switch-Up am Ende mit einem EDM-Teil, sehr gut, COOL!!!

Was soll ich sagen, der Rest des Abends war damit gelaufen, ich unterhielt mich köstlich damit, mir so viele „reaction to“ Videos wie möglich von Vocal Coaches und solchen, die sich dafür halten, anzusehen. Ich liebte einfach die Überraschung und echte Anerkennung von Menschen, die ein bisschen was von Musik verstehen, für diese ungewöhnliche Stimme, für den intelligent komponierten Song, für das gute Video. Bis sehr spät in der Nacht kuschelte ich mich ins rabbit hole, zuletzt mit diesem entzückenden Argentinier, mit dem ich noch eine Runde mitweinte, weil auch ich so gerührt war von der Kraft der Musik.

Ich weiß von mir selbst, dass ich seit frühester Jugend eine Neigung habe, mich in Menschen zu verlieben, nur weil sie Musik machen, die mir gefällt (das führte zu einigen sehr unpassenden Liaisons in meiner jungen Erwachsenenzeit). Das letzte Mal passierte mir das mit Uche Yara, sozusagen am anderen Ende des Spektrums, eine Frau mit einer ziemlich tiefen Stimme. Ich finde, dass ein Sänger wie JJ durch das Durchkreuzen jeglicher Erwartungshaltung mit seinem Countertenor bzw. eigentlich Sopran dem Gender-Bending einen hervorragenden Dienst erweist, es ist hochprofessioneller Gesang, man muss sich um ihn da oben keine Sorgen machen, sondern kann mitgehen und ihn einfach nur bewundern, ohne dass er seine Identität dafür groß in den Vordergrund stellen muss. Aber der junge Mann kommt auch persönlich in Interviews, die ich zu Forschungszwecken auch noch anschauen musste, ziemlich sympathisch rüber und scheint über eine gesunde psychische Grundausstattung an Ehrgeiz und Ausdruckswillen, aber auch Sensibilität und Demut zu verfügen.

Ich muss hier ja niemandem Rechenschaft ablegen und kann fröhlich herumspekulieren, wie ich will, daher gebe ich hier und jetzt meine Prognose ab, dass der Junge uns den Schas wieder g‘winnen wird. (Schweden? Saunasong? Pfff! ESC-Stangenware!) Nächstes Jahr also Song Contest wieder in Wien, das wird sicher lustig für den ORF, der ja eh sparen muss, haha! Und selbst wenn das nicht eintritt, ich wünsche dem jungen Johannes Pietsch, dass er ganz weit kommt, beim ESC oder in der Opernwelt, dass er viele Menschen mit seinem Talent erreicht und begeistert, bei mir hat er es definitiv geschafft.

Thank you for the music!

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